Nr. 76 - 1. August 1778 - 7. Jahrgang
Die Gemeinde Biberbach
(von Volksschuldirektor Adolf Schnaubelt)
Lage und Größe:
Die Gemeinde Biberbach liegt zwischen der
mittleren Ybbs und Url, umfasst etwas über 23 km² und hat etwa 350 Häuser mit
rund 1800 Einwohnern, gehört zum Gerichtsbezirk St. Peter in der Au und wird
heute von den Gemeinden Aschbach, Kematen, Sonntagberg, Waidhofen und
Seitenstetten umgeben. Die Post wird hauptsächlich von Seitentetten, im
östlichen Teil der Gemeinde aber auch von Aschbach-Markt und Hilm-Kematen und
im südlichen Teil vom Postamt Rosenau am Sonntagberg zugestellt.
Entstehung und Geschichte:
Der Kirchort Biberbach wird erstmals 1116
genannt. Damals wurde die Mutterpfarre Aschbach mit ihren Filialkirchen
Allhartsberg, Krenstetten und Biberbach dem neugegründeten Stift Seitenstetten
übergeben, das seither für die Seelsorge in Biberbach zuständig ist. Die Kirche
ist dem hl. Stephanus geweiht. An ihrer Gründung hat also wohl das Bistum
Passau mitgewirkt, dessen Domkirche ebenfalls den hl. Stephan zum Patron hat.
Da fast zur gleichen Zeit auch die Stephanskirchen Amstetten und Stephanshart
erstmal genannt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Bischöfe von Passau,
die ja auch an der Gründung des Stiftes Seitenstetten beteiligt waren, vor und
um 1100 im Bezirk Amstetten eine Welle von Kirchengründungen eingeleitet haben,
die auch zur Gründung der Kirche in Biberbach führte.
Eine Kirchengründung setzt schon eine
gewisse Besiedlung voraus. Wann aber Biberbach besiedelt wurde ist schwer zu
sagen. Bedenkt man aber, dass 933 das nahe Gleiß erstmal sgenannt wird, wobei
ausdrücklich vom Beginn der Rodung die Rede ist, und dass damals in Gleiß der
Grund gelegt wurde für die späteren Besitzungen der sächsischen Grafen von
Seeburg, zu denen auch mindestens zehn Bauernhöfe Biberbachs gehörten, so wird
man als Beginn der Besiedlung Biberbachs die Zeit um das Jahr 1000 annehmen
dürfen. In den höher gelegenen Gebieten zog sie sich wohl noch länger hin, doch
um 1300 muss die Rodung auf dem ganzen Gebiet der heutigen Gemeinde Biberbach
einigermaßen abgeschlossen gewesen sein, denn in den Besitzverzeichnissen von
Seitenstetten, dem damals schon der Hauptteil von Biberbach unterstand, und von
Freising, dem der Südteil gehörte, finden sich um diese Zeit bereits die
meisten Hof- und Weilernamen von Biberbach. 1312 wird es daher auch bereits als
selbstständige Pfarre bezeichnet.
Eine Katastrophe bedeutete der
Türkeneinfall 1529, bei dem Kirche und Dorf angezündet und 43 Personen ermordet
wurden. Die Reformationszeit führte zu einem argen Priestermangel, wodurch
Biberbach seinen eigenen Seelsorger verlor und nun vom Stift Seitenstetten aus
mitbetreut wurde. Es blieb aber Pfarre. Daher beginnen auch in Biberbach die
pfarrlichen Matrikenbücher bereits 1620. Von da an ist es möglich, die
Besitzerliste der Bauernhöfe und die Familiengeschichte der alt-eingesessenen
Geschlechter konsequent zu verfolgen. Ab 1757 hatte Biberbach auch wieder einen
ortsansässigen Pfarrer. Unter den Franzoseneinfällen 1800, 1805 und 1809 hatte
natürlich auch Biberbach zu leiden, ebenso unter beiden Weltkriegen. Gegen Ende
des 2. Weltkrieges gelobte die Pfarre Biberbach eine jährliche Wallfahrt auf
den Sonntagberg, wenn im Pfarrgebiet selbst niemand gewaltsam ums Leben komme.
Diese Wallfahrt wird bis heute gehalten.
Kultur und Sehenswürdigkeiten:
Biberbach liegt am Übergang von den
letzten Ausläufern der Voralpen zum sanft gewellten Alpenvorland und besitzt
schon durch diese Lage, vor allem aber durch den bunten Wechsel von Feldern und
Wiesen, größeren und kleineren Wäldern viel landschaftlichen Reiz. Im Ort
selbst lenkt die Kirche sofort den Blick auf sich. Das Chorhaupt (Priesterraum)
hat ein einfaches Kreuzrippengewölbe und stammt aus dem Beginn des 15.
Jahrhunderts. Über dem Hauptraum stützen auf nahezu quadratischem Grundriss
achteckige Säulen ein reiches Rippengewölbe der Zeit um 1500. Bald darauf wurde
auch die Orgelempore eingezogen. Im Westen wurde ein massiver Turm angebaut,
der im 18. Jh. eine barocke Zwiebelhaube erhielt. Die Kircheneinrichtung ist
größtenteils spätbarock. Den Hochaltar schmückt ein hervorragendes Bild des
Kremser Schmidt (1792), das die Steinigung des Kirchenpatrones Stephanus
darstellt. Die zwei Seitenaltäre zieren Gemälde des Malers Johann Georg
Staindorfer aus Garsten bei Steyr (1681),
Sehenswert ist auch der Pfarrhof,
1760/1763 nach einem Entwurf des Seitenstettner Kämmerers P. Joseph Schaukegl
erbaut. Seine schlichte Fassade mit dem betonten Dreiecksgiebel zeigt deutlich
eine Abkehr vom Barockstil und eine Hinwendung zur "edlen Einfalt und
stillen Größe" der Klassik.
P. J. Schaukegl entwarf auch die
Nebengebäude zum Pfarrhof, von denen heute nur mehr ein Schuppen steht, und
eine Schule, die 1762 in nächster Nähe der Kirche erbaut wurde. 1795 wurde das
alte Mesnerhaus als Schule eingerichtet. Es brannte aber 1864 ab, worauf das
heutige, seither freilich oft umgebaute Schulgebäude errichtet wurde. Heute
nimmt es vier Klassen der Volksschulunterstufe auf, während die Oberstufe 1970
aufgelassen wurde. Seither besuchen die 10- bis 14- jährigen Schüler die
Hauptschule in Aschbach, Rosenau, Gleiß und Seitenstetten. Inzwischen wurde
auch ein Kindergarten erbaut.
In Biberbach ist auch ein Arzt ansässig.
Es hat eine Feuerwehr und Musikkapelle. Heute zählt es auch zwei Künstler zu
seinen Bürgern, die weit über ihre Heimat hinaus bekannt sind: den
Mundartdichter Rudolf Alberer am Rechtlehen, dessen Gedichtband "Herentern
Sunntaberg" 1973 in Wels erschien und dessen Weihnachtsspiel auch das
Fernsehen zeigte, und den Akademischen Maler Professor Adalbert Schlager an der
Oismühle, den Obmann des Bundes der Künstler und Kunstfreunde des Bezirkes
Amstetten, dessen Werke schon in vielen Ausstellungen zu sehen waren und in
Museen Aufnahme fanden.
Landwirtschaft und Gewerbe:
Die Landwirtschaft verliert auch hier an
Bedeutung und wird oft nur mehr als Nebenerwerb betrieben. In höheren Lagen
wurde der Ackerbau fast ganz aufgegeben. Dass aber die Landwirtschaft immer
noch eine große Rolle spielt, zeigt der große Neubau der Genossenschaftsfiliale
am Ostrand des Ortes. Als Industriebetrieb kann man nur die Papierfabrik
Sonnberger in der Oismühle bezeichnen, die mit rund 30 Arbeitern jährlich etwa
2.000 Tonnen Spezialpapier erzeugt. Viele Biberbacher aber suchen Arbeit in
auswärtigen Betrieben, vor allem im Ybbstal. Damit sie nicht ganz abwandern,
fördert die Gemeinde sehr den Wohnbau. Auch der Fremdenverkehr spielt in dem
schmucken Ort eine zunehmende Rolle. So wird sogar der Seitenstettner
Maturaball in Biberbach gehalten.
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