Die schweiß- und segensreiche Getreideernte sowie die Druscharbeiten in der vorindustriellen Zeit im Mostviertel
Nr. 77 - 1. September 1978 - 7. Jahrgang
Die schweiß- und segensreiche
Getreideernte sowie die Druscharbeiten in der vorindustriellen Zeit im
Mostviertel
(von Insp.Rat Hans Zarl, Ulmerfeld)
Ein "Mandlfeld" unseres
Brotgetreides im Vordergrund wählten schon unzählige Künstler und Maler als
Motiv für Landschaftsbilder bzw. solche Stiche.
Nach altem Herkommen wurden die
"Korn-Mandl" - in bergiger Gegend auch: als "Bogerl"
bezeichnet - so lange auf dem Feld belassen, bis sie wettergrau und mit
"Spinnhäut" behaftet waren. Das war Voraussetzung für eine längere
Lagerungszeit in der Scheune bis zum Drusch. Dies wurde beim Weizen nicht so
gehandhabt.
In wind- und niederschlagsreichen Lagen
verwendete man gerne "Mandl-Stecken" zum "Aufmandln" und
setzte - sobald das "Mandl" (durch pyramidenförmiges Aufstellen der
Garben) gut stand, den Hut auf. Der Hut war eine schöne, etwas stärkere Garbe,
welche man mit den Ähren nach unten über den Ährenbuschen des Mandels stülpte.
Dieser Arbeitsgang wurde mit "Hüatln" bezeichnet.
Im Grenzgebiet zu den Bezirken Gaming und
Scheibbs werden andere Arter von "Mandl" gemacht, nämlich die
"Schöber"; diese sind dem Unterbau nach den "Mandln"
gleich, doch werden dann - diesfalls sind Mandl-Stecken unbedingt erforderlich
- mehrere Lagen von Garben kreuz und quer rund um den Mandlstecker noch
aufgelegt und eine schöne Garbe sollte dann die "Wetter-Garbe"
bilden.
Dass es während bzw. zum Abschluss des
Schnittes auch "Schnitter-Krapfen" gab, war Tradition. Die Bäuerin
trug diese in einer großen, ausgesucht schönen und bemalten Tonschüssel am
Stubentisch auf, und diese mussten in heißem Zustande vom Herde kommen.
Selbstverständlich durfte dazu ein Krug Most nicht fehlen.
Das "Einführn"
Ist nun die Zeit gekommen, wo der Bauer
anordnete: "Heut dama einfuhren" wurden am Hofe emsig und umsichtig
alle Vorbereitungen dazu getroffen. Alle Hausleute machten sich dazu bereit.
Der Hausknecht kümmerte sich um die Einsatzbereitschaft der großen Leiterwagen
und dazugehörigen "Troad-Plochen". Letztere wurden innerhalb der
Leitern - am "Bodenladen" aufliegend - angebracht und sollten
unvermeidlicher Weise ausfallende Körner (Körndl) auffangen. Die Gespannstiere
wurden vorsichtshalber noch mit dem "Bremer-Öl" (stark riechendes Mittel
gegen die Fliegen- und Bremsenplage und die "Bissmandln") ‚
eingeschmiert. An die "Fasserinnen" (Weiberleut) und die
"Aufroacher" (Mannerleut) stellte das Einführen größte Anforderungen,
besonders auch an die Zugtiere. "Trabig" (sehr eilig) konnte es dazu
noch werden, wenn "a Weda owa schaut" (Gewitter heraufzieht), da ja
der Erntesegen trocken in die Scheune gelangen sollte.
Bei einer solchartigen besonderen Eile
oder bei "leitigen" (stark abschüssigen) Feldern kam es zuweilen vor,
dass eine mit Garben beladene Fuhr, ein "Fahrl" umfiel oder ein
großer Scherz (Teil) abrutschte. Dies brachte natürlich zusätzliche Arbeit,
Ärger und auch Spott von Nachbarn. Eine solche Unbill wurde als
"Bär'n-Bratl" bezeichnet, und man trachtete, diese um- oder
zerfallene Fuhre schleunigst auf einen herbeigeholten Ersatzwagen umzuladen,
welcher Vorgang mit: "Aushäuten" in unserem Mundartwortschatz seinen
Niederschlag findet. Dem Brauch gemäß kamen dann am Abend die Nachbarinnen zu
dem betroffenen Hof und baten um "a Bärnbratl"; die Bäuerin tat das
damit ab, dass sie in die mitgebrachten Taschen eine gute Menge von
"Ungenießbarem" gab, etwa: faule Kartoffeln bzw. solche Krauthäuptl
oder gar Kuhfladen.
War das Feld abgeräumt, zog der Stallbub
den großen Halmrechen über das so entstandene Stoppel-Feld und barg damit die
meisten der verstreut liegenden Halme. Kurze darauf kamen aber noch
ortsbekannte Arme und Inwohnerleut, die nun das Stoppelfeld sehr genau nach
doch noch zurückgebliebenen Ähren absuchten: es waren dies die
"Ächerklauber". Aus der auf diese Weise gesammelten Körnerfrucht - insbesondere
von der Gerste - wurde Kaffee (durch Rösten) gemacht, oder sie wurde in der
Mühle auf Mehl umgetauscht.
In der Scheune
Ehe die ersten Fuhren des Getreides zum
Hof kamen, scheuerte der Hausknecht schon vorsorglich Tenne und Bansen (Barren
und Halbbarren). Auf den Bansenboden (aus Lehm oder Holz) wurden 3 Kreuze aus
frischen, belaubten Haselnussstecken gelegt und diese dann mit
"Weihbrunn" besprengt. Die neue Ernte - ein Geschenk Gottes - sollte
hier gut lagern und beim Drusch recht ergiebig sein. Die Fruchtarten wurden
dann alle gesondert - je nach Menge - im Bansen von den Weiberleuten auf einen
"Stock" gelegt, was als Stockfassen galt. War ein Abteil (Barren bzw.
Halbbarren) voll kam der Hausknecht mit der Sense und säuberte den Stock
tennseitig schön glatt. Streng geachtet wurde auch darauf, dass auf der Tenne
anfallendes "Körndl" raschest in Körbe oder Säcke gesammelt wurde, um
nicht zertreten zu werden. Man wusste dazumal überhaupt mit der Gabe Gottes "kluag"
(bedacht und sparsam) umzugehen. Fahrlässig Brotgetreidefrucht umkommen zu
lassen war darüber hinaus sündhaft, weil ja die Weizenkörndl sichtbar in einem
kleinen Oval die Gottesmutter tragen. Die Steigsäulen auf der Tenne
erleichterten den Stocklegerinnen das Herunterkommen vom Stock.
Der Drusch
In der früheren Zeit (etwa bis 1916)
wurden in der hiesigen Gegend Korn und Weizen auf der hölzernen Tenne mit der
"Drischel" (dem Dreschflegel) aus den Ähren geschlagen (gedroschen).
Dazu verwendete man den Spätherbst bzw. die ersten Wintermonate; ausgenommen
davon war jene Menge, die zur Herbstaussaat benötigt wurde. Je nach Größe des
Hofes bzw. der Getreidemenge waren 2 - 6 Leute mit dem "Dreschen"
beschäftigt. Wegen des Taktes (Rhythmus) und zur Verhinderung einer eventuellen
Eintönigkeit wurden dabei originelle Sprücherl aufgesagt bzw. gesungen; z.B. :
"I 'amoi - Du 'amoi (2 Drescher); Kropfa san scho bocha (4
Drescher)"; stich Kotz o/ häng d'Haut auf / und beiß o (3 teilig für 3
Drescher), usw. Das Drusch- gut (die Garben) waren auf der Tenne, mit den Ähren
zueinanderschauend, vom Stallbuben aufgelegt und mit dem Taschenfeit'l
aufgeschnitten worden. Das bedroschene Stroh wurde dann gut durchgeschüttelt
und mit vorsorglich schon vorbereiteten Strohbandln (von doppelter Länge) zu
"Schwaben" gebunden, welche dann das Volumen von ca. 3 - 4 Garben
hatten.
Die Schwaben wurden vorerst auf einen
Haufen vor der Scheune und dann auf den "Schwaben-Boden" oberhalb der
Stallung gebracht. Der aufgezeigte Verlauf des "Dreschens"
wiederholte sich analog bis zu den letzten Garben in der Scheune.
Zu unserer Groß- und Urgroßväters Zeiten
waren die Bauernhöfe in Regionen mit Wintergetreidebau (insbes. Korn) zumeist
noch mit Stroh eingedeckt; demnach musste in jedem Hof ein bestimmter Vorrat an
Dachstroh, d.s. "Schaube", angelegt werden. Damit dieses Dachstroh
lange Lebensdauer hatte und gut zum "Decken" war, durften die Halme
nicht zerquetscht bzw. zerzaust sein. Schon beim "Schnitt" achtete
man darauf und band eine entsprechende Menge von Garben mit dem
"Knöbel" (Knebel, einem Stück rundes "Zwetschkenbaumer's
Holz" ca. 30 cm lang und ca. 4 cm dick, das an einem Ende zu einer Spitze
verläuft). Solche Garben wurden dann auch besonders ausgedroschen, und zwar
ausgeschlagen: Auf der Tenne wurde ein großes Wagenrad liegend auf einem
"Dri-Bock" befestigt, und auf dieses Rad wurde mit den Garben so
lange eingeschlagen, bis die Ähren leer waren. Mancherorts wurde anstelle des
Wagenrades eine umgekippte "Radltrag" verwendet. Solcherart
gewonnenes Stroh wurde auch zum "Bandlmachen" für die Schwaben
verwendet. Eine "Burd" solcher Bandl hatte 100 Stück, dagegen nur 60
Stück eine "Burd" zum "Schöber-binden". Kornstroh war
länger als jenes von Weizen.
Hafer und Gerste hingegen wurden
"tret'n", d.h. über eine entsprechende Schichte davon (ca. 50 cm
hoch) wurden Jungtiere so lange darüber getrieben, bis die Frucht aus den Ähren
und Flirschen herausgetreten war; darum die Bezeichnung "Treten".
Vorsorge wurde auch dahingehend getroffen, dass für das "Misten" der
Tiere eine Stallschaufel und ein Eimer zur Hand waren.
Als allmählich eine bescheidene
Technisierung aufkam, sah man fallweise auf einem Bauernhof einen
"Stiften-Drescher". Diese Maschine musste mit händischer Kraft in
Bewegung gesetzt werden und hatte keine Reinigungseinrichtungen für das
"Körndl". Ab und zu gab es dann auch schon einen "Göpel"
mit vorgespannten Zugtieren. Dieser trieb die Dreschmaschine an.
Auch beim "Dreschen" gab es
Krapfen. Diese waren den schon erwähnten Schnitterkrapfen gleich und werden in
der übrigen Zeit mit dem herkömmlichen Namen "Bauern-Krapfen"
bezeichnet.
S' Troad putzen
Die im "Am" (Spreu)- bzw.
Tennkammerl nach dem Drusch gelagerte Frucht wurde vorerst händisch durch die
"Hafer-Reiter" (hölzernes großlöchigeres Sieb) und anschließend durch
die engmaschigere "Kornreiter" geschüttelt; wodurch der größte Teil
von Spreu u. dgl. abgesondert wurde. Die endgültige Reinigung erfolgte dann
erst mit der "Windmühl"; ein händisch betriebenes großes
Wirtschaftsgerät, ganz aus Holz, eine ganz gediegene Konstruktion. Die für die
Herbstsaat benötigte Menge an Korn und Weizen wurde schließlich noch mit dem
"Trieur" gereinigt, ein gegen Ende des 19. Jhdt. entwickeltes
eisernes Reinigungsgerät - ebenfalls mit Handantrieb. Das "Saatgut"
sollte nur aus dem schönsten und unverletzten
"Körndln" bestehen, und man
bediente sich besonderer Reinigungsgeräte, welche die letzverbliebene Spreu
("Am") und das "Afterne" auszuscheiden hatte. Das für den
Schüttboden, den "Troadkost'n" bestimmte Getreide wurde von den
Männern des Hauses, den "O'Trogern" in Jutesäcken dorthin gebracht.
(Teils gab es auch eigene Feldkasten für das Getreide)
Hinter der "Hoh-Bodenstiege"
fanden die "O-Troga" fallweise ein Glas'l Tee mit Schnaps vor - der
meistens ziemlich "scharf" war (mit viel Schnaps) - welchen die
Bäuerin, als Anerkennung für diese starke Arbeit, präsentierte.
Der "Troad - Kost'n"
Dieser befand sich in der Regel im I.
Stock des Wohnhaustraktes bzw. im Dachgeschoß desselben; er wird auch
Schüttkasten genannt. Je nach Umfang des Getreidebaues waren dies 1-2 große,
luftige Räume mit Holzfußboden und hölzernen "Schalu"-Fenstern
(Jalousien-Fenstern). Vereinzelt gab es für die endgültige Getreidelagerung den
sogenannten "Feld-Kasten" einen freistehenden Holzbau.
Jede Fruchtgattung wurde auf einen eigenen
"Haufen" oder in ein gezimmertes Abteil geschüttet. Wenn
erforderlich, wurde der eine oder andere Haufen mit einer eigenen hölzernen
"Troad-Schaufel" umgeschaufelt, damit etwaige Feuchtigkeit durch die
Luft entzogen wurde.
Dann fuhr der Bauer mit der flachen Hand
durch den Haufen und ließ schließlich eine Handvoll Körner durch die Finger
rieseln. Mit dieser Handlung prüfte er die endgültige Trocknung.
War er von diesem Zustand überzeugt, dann
glättete er mit der oben erwähnten Schaufel den Haufen (bzw. das Abteil) und
machte mit dem Schaufelstiel 3 mal ein Kreuzzeichen oder das Zeichen JHS (Jesus
Heil und Seligmacher) sichtbar in die Oberfläche der Frucht hinein: Der
Ausdruck der Dankbarkeit an den Herrgott für diesen Segen für ihn und die
Seinen; aber auch stellvertretend für alle Menschen, die das tägliche Brot
benötigen, des Öfteren aber das Dankgebet vergessen.
Dass im geschilderten
"Troad-Kost'n" manchmal auch das "Haus-Brot" auf der
"Brot-Leiter" aufbewahrt wird, hat zwei Gründe: zum Ersten, weil der
Raum trocken und kühl ist, und zum Zweiten, weil es sich dabei um das
hauptsächlichste Endprodukt des Getreides handelt. In diesen Räumen, die -
neben den Stallungen - den Stolz des Bauern bilden, finden wir auch andere
einschlägige Gerätschaften vor, z.B. die "Troad-Metz'n" (hölzerne
Hohlmaße) wie auch den üblichen "Salz-Stock" (vorrätiges festes Salz)
und auf den Wänden luftig auf langen Stangen hängend die "hanfernen"
Troad-Säck wie auch die grobleinernen weißen "Mehl-Säcke" (Drizipfat)
auch "d' Molta-Säck" genannt. Das Mehl, das man vom Müller für das
Getreide zurückbekommt, hieß dazumal "S' Molta", und diese Säcke
trugen in schöner Druckschrift - auch noch zuweilen mit Zierat -den Namen des
Bauern bzw. des Hofes. Auf Stangen hingen auch die "Troad-Plachen"
und an der Wand die verschiedenen "Reitern'n".
Schließlich wurde gerne von den Kindern
des Hofes am "Korn-Hauf'n" nach dem Mutterkorn Ausschau gehalten. Die
Apotheker kauften diese seltene Frucht (sie kommt nur vereinzelt in den
Kornähren vor) gerne, und das war dann ein kleines, "g'fundenes"
Taschengeld.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen