Nr. 55 - 1. November 1976 - 5. Jahrgang
ULMERFELD - HAUSMENING
Lage, Geschichte, Bedeutung
(verfass von Amtsinspektor Gerhard Smekal)
Südwestlich von Amstetten, am rechten Ufer
der Ybbs, an der Bundesbahnstrecke Amstetten-Selzthal, liegt Ulmerfeld-Hausmening.
Von der gleichnamigen Bahnstation aus gelangt man in 10 Gehminuten in den
ehemaligen Markt Ulmerfeld, malerisch am Rande eines steilabfallenden
Alluvialplateaus gelegen, das sich über der Talsohle der Ybbs etwa 28 Meter
erhebt. Der Ort bildet mit der Kirche und dem Schloss ein regelmäßiges Viereck,
ist mit einer schon verfallenen Mauer und auf drei Seiten mit erheblichen,
trockenen Schanzen umgeben. Mit diesen Anlagen repräsentiert sich ausgesprochen
das mittelalterliche Gepräge von Ulmerfeld. Über die sogenannte Fabiansleiten
gelangt man nach Hausmening, wo Bahnhof und Bahnstation liegen. Hausmening
liegt in der Ybbsniederung. Die Ortschaft bildet einen Großteil des
Fabriksviertels und verdankt ihre rasche Entwicklung und Entstehung der
Papierfabrik. Das etwas höher liegende Dorf Hausmening, einst eine Burganlage,
heute eine Bauernsiedlung, war die anfängliche Gemeinde, zusammen mit der Rotte
Stein.
Seit 1 . Jänner 1972 ist
Ulmerfeld-Hausmening nach Amstetten eingemeindet.
Ulmerfeld-Hausmening zählt 3.076
Einwohner, 576 Häuser und hat ein Flächenausmaß von 5,83 km².
Geschichte:
Nach Schweickhardt (Darstellung des
Erzherzogtums Österreich unter der Enns, Wien 1837 - 40 in 37 Bänden) soll sich
einst an de Stelle von Ulmerfeld das "Castellum-Mauricum" der Römer
befunden haben.
Eine im Juni 1974 durchgeführte Vermessung
des Ulmerfelder Schlosses durch den emeritierten Präsidenten des Vereins für
Landeskunde von Wien und NÖ, Universitätsprofessor Dr. Adalbert Klaar, unter
Mithilfe des wissenschaftlichen Konsulenten Anton Mitmannsgruber, konnten
jedoch keine Bauteile aus der Römerzeit festgestellt werden. Ebenso gibt es auf
dem Boden des Marktes keinerlei Anzeichen einer römischen Besiedlung, wie anlässlich
seiner Kanalisierung festgestellt werden konnte. Es wäre jedoch möglich, dass
anstelle des Schlosses ein hölzerner Wachturm mit Graben und Wall bestanden
hat, denn in unmittelbarer Nähe, in der Ybbsniederung, ist die örtliche
Benennung "Stein", eine uralte Bezeichnung für einen Flussübergang,
urkundlich nachweisbar. Im Jahre 1966 wurden dort von Frau Dr. Mossler,
Bundesdenkmalamt Wien, Römergräber aus dem 1. bis 2. Jh. freigelegt. Auf diesem
Übergang übersetzte die römische Etappenstraße Wiener Becken-St.Pölten-....-Steinakirchen-Euratsfeld-Ulmerfeld
die Ybbs, um bei Mauer an der Url in die Limesstraße einzumünden. Die
Befestigung hätte die Aufgabe gehabt, den Flussübergang zu schützen bzw. zu
sperren. Der Ort hatte eine vortreffliche Lage zur Verteidigung, da er von
keiner benachbarten Anhöhe beherrscht werden konnte. Diese Furt ist heute noch
gut erkennbar, und das dort befindliche Haus führt seit dem Jahre 1305
nachweislich den Hausnamen "Furtner".
In unmittelbarer Nähe konnten am 13.2.1973
von Frau Dr. Leopoldine Pelzl‚ Korrespondentin des Bundesdenkmalamtes, mehrere
Slawengräber geborgen werden, die bei der Herstellung des Freibades für
Ulmerfeld-Hausmening durch Baggerarbeiten der Baufirma Alois Leitner freigelegt
wurden. Auf die römische Siedlung folgte also die slawische. Den Männern wurden
Waffen (Lanzen, Eisenmesser, Feuerstein) in diese Gräber mitgegeben, das heißt,
es waren freie, nicht hörige Leute.
Die Endung des Marktnamens auf -feld zeugt
von ältester bairischer Kolonisation. Die erste urkundliche Nennung von
Ulmerfeld erfolgte am 16. August 995. Damals erhielt das Bistum Freising in
Bayern unter Bischof Gottschalk im Tauschwege von Kaiser Otto. III. 6
Königshufen in "Zudamaresfelt an der Ybbs". Der Ortsbenennung liegt
der Personenname "Udomar" zugrunde. Damit hatte das Bistum Freising
im Ybbstal Fuß gefasst. Der Grundstock zur späteren Hochfürstlichen
Freisingischen Herrschaft Ulmerfeld war damit gelegt. Schon ein Jahr später
kommt es zu einer bedeutenden Besitzerweiterung des Ulmerfelder
Herrschaftsgebietes. Auf Bitten seines Vetters, des Herzogs Heinrich IV. von
Bayern, schenkte Kaiser Otto III. dem Hochstift Freising 30 Königshufen in
Neuhofen. Diese Schenkungsurkunde ist deshalb so bekannt geworden, weil in ihr
der Name "Ostarrichi-Österreich" erstmalig urkundlich erwähnt worden
ist. Ulmerfeld wurde also Mittelpunkt einer ausgedehnten Grundherrschaft. Deren
Grenzen waren etwa um 1316 im Westen die Ybbs von Kröllendorf abwärts, im
Norden ebenfalls der genannte Fluss bis zur Mündung des
Leutzmanns-(=Seisenegger-)baches, im Osten der Ferschnitzbach und im Süden die
Erhebungen des Reidlingberges, des Randegger Hochkogels und des Hochpyra sowie
des Zauchbaches bis in die Gegend von Kröllendorf. Im Jahre 1160 wurde das
erste Urbar vom Freisinger Bischof Albrecht I für die Herrschaft angelegt. Es ist
- abgesehen vom Güterverzeichnis des Salzburger Bischofs Arno, um 800 - das
älteste Urbar Österreichs. Für Ulmerfeld sind darin ein Maierhof und drei
abgabepflichtige Güter verzeichnet.
Um das Jahr 1250 bekam der Bischof von
Freising die Pfand- und Zehentrechte für Ulmerfeld und Neuhofen und übergab
dafür das Marktrecht von Ardagger an das Hochstift Passau. Dieses stattete
Amstetten mit dem Marktrecht aus. Das Bistum Freising war durch eine Schenkung
Heinrich III. am 7.1.1049 in den Besitz von Ardagger gekommen. Kirchlicher
Mittelpunkt des freisingischen Herrschaftsgebietes Ulmerfeld wurde Neuhofen,
etwa 3 km von Ulmerfeld entfernt, Ulmerfeld blieb bis zum Jahre 1803 Vikariat.
Am 4.4.1265 verlieh König Ottokar dem
Freisinger Bischof Konrad II. das Landgericht in Ulmerfeld. Seit dem Jahre 1316
wird Ulmerfeld als Markt bezeichnet. Im Jahre 1321 wurde unter Ausnützung der
Gräben und Wälle des möglicherweise römischen Erdkastells an dieser Stelle das
herrschaftliche Schloss erbaut. Dieses galt als Amtssitz des herrschaftlichen
Pflegers und war Verwaltungszentrum der Herrschaft. Im Schloss befindet sich
eine Kapelle, die in gotischem Stil erbaut ist. Sie war dem hl. Ulrich geweiht.
Ihre Wandmalereien sind kostbar; sie stammen von einem oberitalienisch
geschulten Maler aus dem Jahre 1350.
Die Herzöge Albrecht und Otto verliehen im
Jahre 1337 Ulmerfeld einen Wochenmarkt. Die Ulmerfelder Bürger und Untertanen
schützten ihren Markt durch Errichtung einer 2 Meter hohen Mauer, die mit drei
Tortürmen, Graben, Wall und zwei Zugbrücken verstärkt war. Die Söldner des
Ungarkönigs Mathias Corvinus belagerten und brandschatzten Ulmerfeld und seine
Umgebung. Türkische Streifscharen konnten den befestigten Platz nicht
einnehmen. Aber die Pestseuche wütete im Ort.
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