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Alte Mythen und Überlieferungen aus Amstetten

Im Buch "Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich" aus dem Jahre 1859 sind drei sehr alte, volkstümliche, fast unbekannte Sagen bzw. abergläuchische Geschichten aus dem Bereich Mostviertel und Amstetten in Niederösterreich zu finden.

 Mythen über Wotan

In Amstetten (Niederösterreich, Viertel ober dem Wienerwald) lebte eine arme Bauernfamilie. Vergebens suchten einst die älteren Knaben Beschäftigung bei einem Kohlenbrenner. Sie lagen gerade im Walde, als plötzlich ein großer Mann vor ihnen stand, der in einen weiten Mantel gehüllt war, und auf einem großen Schimmel saß. Sie klagten ihm ihre Not, und er bestellte sie auf den folgenden Tag, er wolle ihnen dann Arbeit geben. Diese bestand darin, daß sie auf dem höchsten Punkte des Berges einen kleinen Hügel machen sollten. Das geschah, und am Abend eines jeden Tages fanden sie ihren Lohn auf einem Steine liegen. Nach acht Tagen waren sie fertig und als sie eines Morgens zum Fenster hinaussahen, erblickten sie den Gipfel des Berges in Wolken gehüllt. Und so oft ein Gewitter entstand, schien der ganze Berg in Feuer zu stehen. Manchmal sahen die Bewohner von Amstetten einen großen Mann auf einem weißen Rosse hinaufreiten, und das bedeutet dann immer Regen. Lange Jahre hindurch soll der Gipfel des Berges mit Wolken bedeckt geblieben sein, und niemand wagte es hinauf zu gehen, bis eines Tages die Wolken verschwunden waren. Noch immer sagt man, wenn Nebel auf dem Berge ist: „der Mann ist oben“


 Wotan und der Tod – Über die Gestalt des Todes und den Totenritt

In Amstetten (Niederösterreich) fährt der Teufel in der Christnacht um zwölf Uhr auf einem feurigen Wagen sitzend herum. Dieser Wagen wird von zwei schwarzen Pferden gezogen, die feurige Augen haben. So erzählte ein Mann aus dem Orte. Wir fragten ihn, ob er schon Gelegenheit gehabt habe, den Teufel auf seiner Spazierfahrt zu sehen. Davor behüte mich Gott, antwortete er; denn der Teufel lässt sich auf seinen Fahrten nicht gerne beobachten und dreht einem jeden, der ihm begegnet, den Hals um, oder kennzeichnet ihn auf irgend eine andere Weise. Bei uns in Amstetten, fuhr er fort, war einmal eine Magd, die wollte gerne den Teufel spazieren fahren sehen. Sie blieb daher in der Heiligen Nacht auf, und sah um zwölf Uhr zum Fenster hinaus. Richtig kam der Teufel daher gefahren, und gab ihr eine solche Ohrfeige, daß man des anderen Tages alle fünf Finger des Teufels auf der Wange des Mädchens sah.

Entrückung 


Wenn ich im Stande wäre, diesen Menschen auf den „Hetscherlberg“ (Hetscherl =Hagebutten, auch Hetscherpetsch) zu wünschen, so würde ich es gern tun! So hört man viele Menschen ausrufen, wenn sie im Zorne sich eines Feindes entledigen wollen, ohne es jedoch zu können.  Fragt man einen von ihnen, warum er seinen Feind auf dem Hetscherlberg haben wolle, so antwortet er: Wenn einmal dort einer ist, so kommt er gewiss nicht wieder, um mir zu schaden oder um mich zu ärgern; denn der Hetscherlberg ist ein Berg, auf dem ein großer Teich ist. In diesem Teiche sind sehr viel Fische, die lauter verbannte Geister sind.
Der Hetscherlberg, auf den die Geister gebannt sind, ist nach der Volksmeinung ganz mit Dornengesträuchen bewachsen. Auf seinem Gipfel befindet sich ein Teich, in dem die Geister in Gestalt von Fischen verweilen. Dort müssen sie eine bestimmte Zeit bleiben, dann aber sind sie wieder frei. Wann aber diese Zeit aus ist, das weiß niemand. Auch der Ort ist unbekannt, wo sich dieser Berg befinden soll. Nach der Erzählung eines Bauern sind die Geister darum in Fische verwandelt, damit es ihnen unmöglich sei, den Berg zu verlassen. Als Fische bedürfen sie des Wassers, und da sein Bach sich dort befindet, so können sie nicht herab. Diese Fische schwimmen immer an der Oberfläche des Wassers und schnappen beständig nach Luft. Dabei sind sie so zahm, daß vorbeigehende Menschen sie mit großer Leichtigkeit fangenkönnen. Wanderer haben dort schon einige gefangen, und doch weiß man nicht, wo der Berg eigentlich liegt.
Nach Amstetten (Niederösterreich) sind einmal zwei arme Handwerksburschen bekommen. Sie wussten nicht, wie sie ihren Hunger stillen sollten; denn sie hatten nur wenige Fische bei sich. Sie hatten dieselben in einem Teiche gefangen, den sie fanden, als sie sich im Walde verirrten. Im Wirtshause, in das sie eingekehrt waren, konnten sie sich nichts kaufen, und baten daher die Wirtin, ihnen ein wenig Schmalz gegen ein Vergelt’s Gott zu überlassen. Die Wirtin sah ihnen den Hunger an und schenkte ihnen daher etwas Schmalz. Fröhlich ging‘s nun an das backen der Fische. Bald waren sie in der Pfanne und die Handwerksburschen freuten sich herzlich, als die Stücke der Fische sich braun zu färben begannen. Als die Fische beinahe fertig gebacken waren, bespritzte die Wirtin, wie es auf dem Lande üblich ist, die Fische mit Weihwasser. Da entstand ein gewaltiger Lärm in der Pfanne, die Fischstücke flogen nach einander zum Rauchfang hinaus und die Handwerksburschen hatten nichts als das Nachsehen. Die Bauern aber erkannten nun, daß die Fische aus dem Teiche vom Hetscherlberg waren.

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